Keine Aufkleber auf Pkw, kleine Aufkleber auf Kreisbahn-Lok
Was ist eigentlich „Route 57“? Eine Marketing-Erfindung der Industrie- und Handskammer Siegen und des Landrates des Kreises Siegen-Wittgenstein für den Bau eines Highway nach Wittgenstein! Weil diese Erfindung aber weithin unbekannt ist, hat der Landrat Werbung für die Strasse auf den Automobilen des Kreises (Siegen-)Wittgenstein anbringen lassen. Dumm ist nur, daß er sich damit juristisch angreifbar gemacht hat, denn ein Landrat hat sein Amt strikt unparteiisch auszuüben.
Politische Kundgebungen gehören deshalb nicht auf Fahrzeuge des Kreises. Weil nun aber solches beim Regierungspräsidenten in Arnsberg ruchbar wurde und sich unangenehme Folgen für den Kreis und seinen Chef abzeichneten, hat der Landrat flugs die inkriminierten Aufkleber entfernen lassen. Gleichzeitig appelliert er staatstragend an Vernunft und Kompromissbereitschaft derer, die den Strassenbau aus sehr guten Gründen verhindern wollen. Wie sähe denn so ein landrätlicher Kompromiß aus: ein bischen Strasse und ein bischen Strassenverzicht? Das erinnert an „ein bischen schwanger“.
Und was ist Vernunft für den Landrat? Hier sträubt sich dann spätestens die Feder, denn als gutes Beispiel dafür taugt der Kreis-Chef nicht: Er läßt eine Lokomotive der Kreisbahn mit einem Pro-Strassenbau-Sticker bekleben. Darf er das als Landrat oder als Vorstand der Kreisbahn? Er darf es weder-noch! Trotzdem wirbt die Kreisbahn nun für die Konkurrenz auf der Strasse und für ihre eigene Abschaffung. Chapeau: Das ist große Provinzpolitik und grandiose Sartire.
Dr. Richard Vogel