Zehn Jahre nach seiner Gründung hat sich der Verein Pro Johannlandbahn aufgelöst. „Letzte Woche war der Notartermin", berichtet der ehemalige Vorsitzende Christian Wachs. Sein Ziel, den Personenverkehr auf der Kleinbahn-strecke Weidenau-Deuz wieder aufnehmen zu lassen, hat der Verein verfehlt. Die Schienen werden jetzt nach und nach abgebaut.
Die „Stadtbahn" nach Siegen war erstmals Ende der 1980er Jahre in Netphen auf die Tagesordnung gekommen. Knapp zehn Jahre später kam Bewegung in das Thema: Zum einen wurde der Schienennahverkehr vom Bund in die Zuständigkeit der Kreise gegeben, zum anderen überlegte die Siegener Kreisbahn, selbst in das Geschäft einzusteigen - wie in den Zeiten bis 1968, als ihre Vorgängerin, die Kleinbahn Weidenau-Deuz, den letzten Schienenbus auf die Strecke schickte.
35 Millionen Mark: Das war der Betrag, um den ab 1998 die politische Debatte entbrannte. Das Geld stand im Landeshaushalt bereit, um die 1906 in Betrieb genommene Strecke fit für die Johannlandbahn zu machen. Das vom Kreis Siegen-Wittgenstein in Auftrag gegebene Gutachten empfahl eine Reaktivierung der Strecke Siegen-Deuz. In Netphen formierte sich Ende 1998 eine Bürgerinitative, 23 Mitglieder gründeten am 13. Januar 1999 den Verein.
1700 Unterzeichner schließen sich dem Anliegen „Pro Johannlandbahn" an, die Initiative formuliert - im Jahr der Kommunalwahl 1999 - Wahlprüfsteine, es gibt erste Sonderfahrten mit modernen Triebwagen, der Kreistag unterstützt das Ansinnen einstimmig. Dann kehrt sich die politische Stimmung. 2001 lehnt die - neue - CDU/FDP-Kreistagsmehrheit es ab, die Fahrleistungen für die Johann-landbahn mit auszuschreiben. Von da an, so Christian Wachs, zeichnete sich das Scheitern der Initiative ab – aus welchen Beweggründen auch immer.
Im Jahr 2003 kündigte die Kreisbahn an, die Stilllegung der Strecke zwischen Dreis-Tiefenbach und Werthenbach zu beantragen. Um die Entwidmung der Strecke zu verhindern, dachte die zeitweise bis zu einhundert Mitglieder starke Bürgerinitiative darüber nach, ein eingenes Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu gründen. Doch weder Pro Johannlandbahn noch andere Interessenten waren in der Lage, den geforderten Kaufpreis von 2,8 Millionen Euro an die Kreisbahn zu überweisen.
Das letzte Kapitel wurde 2007 geschrieben: Der Regionalrat nimmt die Strecke auch aus dem Regionalplan heraus, die Bezirksregierung verfügt die „Freistellung" der Flächen von „Bahnbetriebszwecken". Die ersten Grundstücke werden verkauft, die Stadt Netphen erstellt ein Konzept für die Nutzung der Flächen und bezieht einen Teil des Gleisabschnitts in ihren „Radring" ein. Der Bund für Umwelt und Naturschutz zeichnet „Pro Johannlandbahn" mit ihrem Umweltpreis aus. Was bleibt, ist die Zahl „5,59": das drittbeste Nutzen-Kosten-Verhältnis für über 200 in NRW zum Ausbau untersuchte Bahnstrecken - ein Wert, der heute gern der „2,3" für die „FELS"-Umgehungen gegenübergestellt wird. Und es bleibt der Fahrplan für die S-Bahn-Linie 4, die Eisenbahnfans schon einmal geschrieben haben. 23 Minuten hätte sie gebraucht, die Johannlandbahn von Siegen nach Deuz.
Und schließlich bleibt das letzte Kapitel im Buch über die Kleinbahn Weidenau-Deuz, das der Siegerländer Heimatverein herausgegeben hat: Darin beschreibt die Bürgerinitative den vergeblichen Versuch am Ende des 20. Jahrhunderts, die Bahnstrecke zu reaktivieren.
Bericht der Westfälischen Rundschau, Steffen Schwab
Die S-BAHN SIEGEN – ein Verkehrsprojekt aus dem Jahr 2004
von Alessandro P. Palmieri
Die "S-Bahn Siegen" als neues Produkt soll gemeinsam mit den Verkehrsange-boten InterRegioExpress, RegionalExpress, RegionalBahn und Bus ein mitein-ander verknüpftes und sich ergänzendes Nahverkehrssystem bieten. Ein solches System führt nach entsprechender Umsetzung durch die politischen Gremien und die effiziente Zusammenarbeit der Verkehrsbetriebe bei der Bevölkerung zur Begünstigung bei der Verkehrsmittelwahl und wird eine erheblich verbesserte Lebensqualität in der Region ermöglichen.
Die Ausgangssituation
Tausende von Pendlern sind im Dreiländereck rund um die Großstadt Siegen täglich unterwegs, Berufstätige zu ihren Arbeitsplätzen, junge Menschen zur Schule, Universität oder beruflichen Ausbildung. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), insbesondere der schienengebundene Nahverkehr (SPNV), kann in diesem Verkehrsraum im Vergleich zu ähnlich strukturierten Räumen diese Pendlerströme nur ungenügend an sich binden. Es herrscht ein ausgeprägter Individualverkehr mit einer daraus resultierenden, täglich wachsenden Verkehrsflut vor. Ein weiterer Ausbau des bereits relativ dichten Straßennetzes ist aufgrund der ungünstigen Topographie und der darauf ausgerichteten Siedlungsstruktur sehr kostenaufwendig. Hinzu kommen sowohl die Problematik der Eingriffe in ökologische Gefüge, als auch die des Flächenverbrauches. Eine konkrete Alternative in volkswirtschaft-licher und verkehrspolitischer Hinsicht stellt der Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs dar, welcher hier mit verhältnismäßig geringem Mitteleinsatz einen großen Zuwachs im ÖPNV ermöglichen kann.
Das Konzept
In einem Radius von etwa 40 Kilometer rund um Siegen kann kurz- bis mittelfristig ein mehr als 130 Streckenkilometer langes, länderübergreifendes S-Bahn-Netz entstehen. Drei S-Bahn-Linien verbinden dann die Mittel- und Unterzentren Hilchenbach, Kreuztal, Netphen, Finnentrop, Lennestadt, Haiger, Dillenburg, Kirchen, Betzdorf und Wissen untereinander und mit dem Oberzentrum Siegen. Auf drei Linien soll dem Fahrgast dieses qualitativ hochwertige, vertaktete Zugangebot mit kürzeren Fahrzeiten, attraktivem Wagenmaterial sowie einheitlich modernisierten Haltepunkten angeboten werden. Die Konzeption der S-Bahn Siegen und damit auch der Erfolg dieses Vorhabens hängt wesentlich von der Integration in das bestehende ÖPNV-Gefüge ab. Die S-Bahn Siegen kann – auch wenn sie als Verkehrsmittel ein eigenständiges Erscheinungsbild mit hohem Qualitätsstandard vermitteln soll - nicht mit den weitläufig bekannten, komplexen S-Bahnnetzen von großstädtischen Ballungsräumen verglichen werden. Diese sind zumeist polyzentrisch ausgerichtet und können ein vom übrigen Bahnverkehr weitgehend unabhängiges System mit erheblich höherer Frequenz vorhalten. Vielmehr ist hier ein integriertes Liniennetz geplant, welches auch bestmögliche Verknüpfung mit dem Regionalverkehr bieten soll. Eine Neuordnung des Schienenverkehrs soll ansprechenden Fahrkomfort bieten und damit als Alternative zum privaten PKW die entsprechende Akzeptanz bei der Bevölkerung erreichen. Ohne Stau sollen die Fahrgäste pünktlich und schnell zum Ziel gelangen. Ein derartig leistungsfähiges und zeitgemäßes Schienenverkehrssystem ist nicht nur der Umwelt zuliebe, sondern auch für die weitere Entwicklung des Wirtschaftsstand-ortes Siegen und dessen länderübergreifenden Einzugsgebietes notwendig.
Die Bestandteile
Um diese Zielsetzung eines ökonomisch und ökologisch hochwertigen und leistungsfähigen Schienenverkehrsangebotes zu erreichen, sind folgende Maßnahmen durchzuführen:
1) Neuordnung des Schienenverkehrs auf dem Schienennetz im Bereich der Verkehrsgemeinschaft Westfalen-Süd unter Berücksichtigung des Integralen Taktfahrplans Nordrhein-Westfalen (ITF) und der Verknüpfungen mit dem Fernverkehrsnetz der Deutschen Bahn.
2) Neben der DB Begionalbahn Westfalen werden weitere Betreiber die wesentlich erweiterten Beförderungsleistungen erbringen. Unter dem Dach der neuen Firmierung S-Bahn Siegen können sowohl das Know-How als auch die Zugriffsmöglichkeit auf personelle Ressourcen bereits bestehender regionaler Verkehrsunternehmen vereint werden. Eine derartige Kooperation sowie ein intelligentes Betriebs- und Fahrzeugkonzept ermöglichen Synergieeffekte.
3) Reaktivierung von Bahnstrecken zur Schaffung neuer Verbindungen, Neubau und Modernisierung von Haltepunkten zur Erhöhung der Erschließungswirkung, sinnvoller Ausbau der bisherigen Strecken zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Beförderungs-geschwindigkeit sowie nicht zuletzt die Sicherung und Ausweitung des schienengebundenen Güterverkehrs.
4) Einführung des neuen richtungsweisenden Nahverkehrsproduktes S-Bahn Siegen. Die neue Fahrzeuggeneration sichert attraktiven Reisekomfort und erhält zudem durch modernes, eigenständiges Design eine regionale Identität.
5) Optimierte Abstimmung von Bus und Bahn ermöglicht unter der Erschließung von Ortsteilen abseits der Schienenwege ein attraktives Gesamtkonzept.
6) Neue Park+Ride-Anlagen (P+R) sowie Bike+Ride-Anlagen (B+R) intensivieren die sinnvolle Anbindung der Bahnhöfe und Haltepunkte für PKW und Fahrräder.
Die Fahrzeuge
Für das Liniennetz der S-Bahn Siegen wird das äußerst innovative Triebwagen-konzept "AGC" von Bombardier vorgeschlagen. Diese Zuggeneration ermöglicht attraktiven Reisekomfort und soll zudem durch eigenständiges Design die regionale Identität verkörpern. Die dreiteiligen Triebwagen sind mit Hybridantrieb ausgestattet: Auf elektrifizerten Strecken werden die E-Motoren direkt über den Stromabnehmer gespeist, während auf den Strecken ohne Oberleitung die Versorgung von Dieselmotoren übernommen wird. Damit eignen sich diese Züge hervorragend für das vorgesehene teilelektrifizierte Liniennetz. Die kürzeste
eingesetzte Einheit als Standard ist ein dreiteiliger Triebwagen mit einer Länge von 57,4 m. Bis zu drei gekuppelte Triebwagen können zur Hauptverkehrszeit als Langzug eingesetzt werden. Die automatische Mittelpufferkupplung der Bauart Scharfenberg ermöglicht eine sehr flexible Betriebsführung. Die Züge können bedarfsgerecht verlängert bzw. gekürzt werden und es besteht zudem die Möglichkeit der Flügelung.
Zum Projekt gibt es eine Internetauftritt mit ausführlichen Informationen, erreichbar unter https://apalmieri.de/sbahn/