Verschiedene Siegerländer Unternehmen wurden befragt, ob und in welchem Umfange sie derzeit die Bahn als Transportmittel nutzen und unter welchen Bedingungen die Bahn in Zukunft stärker genutzt werden könnte. Zusätzlich wurde gefragt, ob high-cube Container verwendet werden sollen oder müssen.
Boschgotthardshütte (BGH), Siegen
BGH liegt drekt am Güterbahnhof Eintracht der Kreisbahn Siegen-Wittgen-stein. Dennoch nutzt BGH die Bahn nicht und plant auch keine Änderung. Grund sind die fehlende Flexibilität und die vergleichsweise hohen Kosten der Bahn. High-cube Container sind der Firma unbekannt.
Dynamit Nobel Defence GmbH, Würgendorf
Das Unternehmen besitzt einen Gleisanschluß zur Hellertalbahn, der über Jahrzehnte rege genutzt wurde. Derzeit werden jedoch keine Transporte per Bahn durchgeführt. Dynamit Nobel behält sich aber vor, den Gleisanschluß wieder in Betrieb zu nehmen. Zu high-cube Containern gibt es keine Stellung-nahme.
Erndtebrücker Eisenwerk (EEW), Erndtebrück
Der Traditionsbetrieb stellt Stahlrohre unter anderem für Windräder her und besitzt am westlichen Ortsausgang von Erndtebrück Gleisanschluß zur Rothaarbahn. Im Jahre 2010 wurden ein neues Lager und neue Gleisanlagen in Betrieb genommen. Nach eigenen Angaben werden mehr Rohre mit der Bahn transportiert als mit dem LKW, immerhin.
Gontermann & Peipers (GP), Kaan Marienborn
Das GP Werk in Kaan-Marienborn hat Gleisanschluß zur Strecke Siegen-Giessen. Bislang nutzte die Firma die Bahn für ihre Schwertransporte und verfügte über eigene Lokomotiven für den innerbetrieblichen Verschub. GP hat 2006 den ehemaligen Güterbahnhof in Kaan-Marienborn übernommen, der hauptsächlich als Aussenlager dient. Inzwischen setzt GP verstärkt auf den Transport auf der Strasse, wie das untenstehende Foto verdeutlicht. Als Zufahrt für solche Schwerlastwagen zum Firmengelände wird eine neue Strasse entlang des Güterbahnhofs und zum Teil auf dessen Gelände projektiert. Die Finanzierung soll durch das Land NRW erfolgen.
Krombacher Brauerei, Krombach
Die Brauerei ist an der Ruhr-Sieg-Strecke nahe dem Rangierbahnhof Kreuztal gelegen. In den
letzten Jahren wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn ein Gleisanschluss auf das Betriebsgelände der Krombacher Brauerei geplant und vorangetrieben. Aufgrund der nach wie vor mangelnden Konkurrenzfähigkeit der Bahn ruht dieses Projekt allerdings zur Zeit. Sollten sich hier in Zukunft neue Aspekte ergeben, die
zu einer veränderten Beurteilung des Projektes führen, so ist das Unter-nehmen -beim
jetzigen Stand der Planungen- jederzeit in der Lage und Willens, die Arbeiten wieder aufzunehmen und den Gleisanschluß zu realisieren. Die Bahntransportaktivitäten der Konkurrenz legen die
Schlußfolgerung nahe, daß high-cube Container für den Biertransport nicht erforderlich sind.
Walzen Irle, Deuz
Die Walzengiesserei Irle ist an der Kleinbahn Weidenau Deuz gelegen und hat direkten Gleisanschluß. Leider wurde die Kleinbahn-Strecke ab Dreis-Tiefenbach Richtung Netphen und Deuz stillgelegt. Dennoch wickelt Irle den Transport zwischen den beiden Werken in Deuz als Inselbetrieb mit der angekauften V60 1175 auf der Schiene ab. Die Lok ist mustergültig aufgearbeitet und in den Ursprungszustand versetzt worden.
Keine Antwort auf die Umfrage gaben die folgenden Firmen:
Für eine Antwort danken wir den Firmen:
Eine Zwischen-Bilanz
Die Bahn ist offensichtlich für die Siegerländer Wirtschaft nur noch in Aus-nahmefällen eine Option für den Transport von Gütern. Die Gründe dafür sind vielfältig, liegen aber im Wesentlichen bei der Bahn selbst. Unflexibel, langsam, teuer sind die wesentlichen Attribute, die der Bahn zugeschrieben werden.
Nach dem rigorosen Angebotskahlschlag der DB-AG in den Mehdorn-Jahren fehlt es auch im Siegerland an Gleisanschlüssen und Güterverladestellen. Das betriebwirtschaftlich gefeierte "marktorientierte Angebot Cargo (MORA C)" hat durch radikales Desinteresse der Bahn an den Kunden schließlich den Markt zur Umorientierung gezwungen und das Transportsystem Eisenbahn irreversibel geschädigt.
Der Einsatz von high-cube Containern scheint für die Bahnnutzer im Siegerland nicht notwendig zu sein. Die lautstark vorgetragene Forderung der IHK Siegen nach einer Profil-Erweiterung der Tunnel auf der Ruhr-Sieg-Strecke als Voraus-setzung für die Nutzung dieser speziellen Container scheint damit gegenstands-los zu sein.
Die Tatsache, daß die Autobahn 45 von Giessen nach Dortmund in naher Zukunft grundlegend erneuert werden muß, veranlaßt die Handelskammern Südwestfalens zur Forderung nach einer gernerellen Ertüchtigung der Bahn-strecken in der Region. Dies ist eine Chance für die Bahn und die muß genutzt werden. Sollte die Siegerländer Wirtschaft tatsächlich demnächst gezwungener-maßen großenteils auf Schienentransport umstellen, so könnte mit über-zeugender Leistung der Bahn mancher Kunde schienentreu bleiben, auch wenn die A45 dereinst wieder zur Verfügung steht. Die Kreisbahn Siegen-Wittgenstein schafft jedenfalls eine wichtige Voraussetzung, indem der Containerbahnhof Kreuztal erhalten und ausgebaut wird.